29. November 2012

Tatort Fußballstadion

Tatort Fußballstadion – wer bislang geglaubt hat, „die Polizei“ sei generell kein beleidigungsfähiges Kollektiv, wird durch das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom Urteil vom 19. Juli 2012, Aktenzeichen 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12, eines Besseren belehrt.
Das Oberlandesgericht hob eine Entscheidung der Vorinstanz auf, die zuvor einen Fußballfan vom Anklagevorwurf der Beleidigung freigesproch
en hatte, der während eines Fußballspiels ein Transparent mit der Aufschrift A.C.A.B. (Abkürzung für „all cops are bastards“) entrollt hatte.

So liege es aus Sicht des Gerichts nahe, dass der Fußballfan das Werturteil „all cops are bastards“ insbesondere auf die bei dem verfahrensgegenständlichen Fußballspiel eingesetzten Polizeibeamten beziehen wollte. Letztere würden einen umgrenzten und von daher grundsätzlich beleidigungsfähigen Personenkreis darstellen.

Aufgrund dieser Begleitumstände sei die Kollektivbezeichnung „all cops are bastards“ in der konkreten Situation als Beleidigung zu werten, obwohl sich diese grundsätzlich auf eine nicht beleidigungsfähige unüberschaubare Personenmehrheit beziehe. Von der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG nicht gedeckt sei die Äußerung auch deshalb, weil ihr – im Gegensatz zur Bezeichnung von bei einer Verkehrskontrolle eingesetzten Polizeibeamten als „Wegelagerer“ – jeglicher Sachbezug zur beruflichen Tätigkeit der Polizisten fehle.

Nach Aufhebung des Freispruchs hat nun eine andere Kammer des Landgerichts Karlsruhe – unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts – über den Fall zu entscheiden.
Von Interesse sein dürfte, ob analog zum Fußballfan mit ACAB-Banner beim Fußballspiel ein Autofahrer mit ACAB-Aufkleber auf der Heckscheibe seines Pkws ebenfalls mit einem Strafverfahren wegen Beleidigung zu rechnen hätte. Schließlich könnte mit derselben Logik argumentiert werden, dass der für Ordnungshüter wenig schmeichelhafte Heckaufkleber offenbar nur den im Straßenverkehr eingesetzten Polizeibeamten – also einer überschaubaren und somit beleidigungsfähigen Personengruppe – „gewidmet“ sein kann.

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