„Schnäppchengeschäfte“ bei Auktionsplattformen im Internet grundsätzlich nicht sittenwidrig

Wer auf Auktionsplattformen wie Ebay Artikel versteigert, erzielt ohne Festlegung eines Mindestgebots nicht immer den marktüblichen Preis dafür. Solche Verkäufe unter Wert sind des Käufers Freud und des Verkäufers Leid. Letztere zeigen sich häufig verärgert und glauben in dem „Schnäppchengeschäft“ ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu erkennen. Dieses Missverhältnis führe aus Sicht der Verkäufer zur Sittenwidrigkeit des Geschäfts –  zwischen Bieter und Höchstbietendem soll deshalb auch kein Kaufvertrag zustande kommen. Mit dieser Begründung verweigern die sich geprellt fühlenden Verkäufer anschließend die Lieferung der Ware. Obwohl dieser Rechtsansicht in der Vergangenheit bereits mehrere Gerichte eine deutliche Absage erteilt haben, scheuen sich viele Käufer davor, auf ihrem Recht zu bestehen.

Die Gerichte urteilten, dass dem Käufer ein Anspruch auf Erfüllung des geschlossenen Kaufvertrags zusteht. So befand beispielsweise das Landgericht Detmold in seinem Urteil vom 22.02.2012 – Az. 10 S 163/11: „Für die Annahme der Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes reicht nämlich allein das Bestehen eines besonders krassen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung nicht aus. Hinzu treten müssen weitere sittenwidrige Umstände, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung auf Seiten des Klägers, der als der wirtschaftlich oder intellektuell Überlegene die schwächere Lage des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat.“

In eine ähnliche Kerbe stieß bereits das Oberlandesgericht Köln – Az. 19 U 109/06 – einige Jahre zuvor. Das Gericht bejahte seinerzeit das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrages über einen Rübenroder zum Preis von 51 Euro (Verkehrswert: 60.000 Euro).

„Zwar besteht bei einem – wie hier – besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln aus verwerflicher Gesinnung, die in der Regel eine weitere Prüfung der subjektiven Voraussetzungen entbehrlich macht (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 34 a m.w. Nachw.).“ Nach Auffassung des Oberlandesgerichts gelte diese Vermutung allerdings nicht uneingeschränkt. Zu berücksichtigen seien vielmehr die Umstände des Einzelfalles. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Landgerichts Köln vom 12.11.2004 (Az. 1 O 307/04)  führte das OLG Köln aus, die Teilnehmer von Internet-Auktionen seien sich regelmäßig bewusst, dass die Ermittlung der Höhe der Gegenleistung von anderen Faktoren als allein dem üblichen Marktwert eines Artikels abhängt. Sowohl die Erwartung des Verkäufers, durch geschicktes Einstellen eines Artikels ein möglicherweise besonders gutes Geschäft zu machen, als auch die gegenläufige Vorstellung des Bieters, im richtigen Moment zu einem besonders günstigen „Schnäppchen“ zu kommen, gehören zum Wesen einer derartigen Vertragsanbahnung. Diesem Wesen würde es jedoch widersprechen, wenn Artikelverkäufe auf einer solchen Verkaufsplattform nur bei Erzielung eines „angemessenen“ Preises verbindlich sein sollen.

Aus Käufersicht gibt es deshalb keinen vernünftigen Grund, auf das gekaufte „Schnäppchen“ ohne Weiteres zu verzichten.

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